Palästina – das sogenannte “Land ohne Volk” – war immer einer der fruchtbarsten und dicht besiedelten Gebiete des Nahen Ostens. Als Zeuge einer bewegten Geschichte und als Heimat unterschiedlichster Völker war und ist das Land reich an kulturellen Einflüssen, die die großen Zivilisationen im Laufe der Jahrtausende hier hinterlassen haben. So leben die Palästinenser heute mit dem Bewusstsein, Teil eines Kulturerbes zu sein, dessen Ursprung in die früheste Menschheitsgeschichte zurückreicht.
Schon gegen Ende der Frühen Altsteinzeit (ca. 150 000 v. Chr.) ließen sich hier Menschen nieder. 7000 v. Chr. kam es zu der Gründung von Jericho, der ältesten Stadt der Welt. Es folgten Sichem (Nablus), Gaza und Jerusalem, das im 3. Jahrtausend von den Amoriten erbaut wurde.
Maßgeblich für die Geschichte Palästinas waren die großen Wanderbewegungen semitischer Nomaden, die – ausgehend von der syrisch-arabischen Wüste – nach Persien, Mesopotamien und Palästina vordrangen. Auf diese Weise gelangten zwischen 2100 – 900 v.Chr. nacheinander die Kanaaniter, Phönizier, Aramäer und Philister in die fruchtbaren palästinensischen Landstriche und in die Küstenebene. Die Bevölkerung betrieb Ackerbau und Viehzucht. Schon bald entstanden blühende Handelszentren von überregionaler Bedeutung. Eine eigenständige Hochkultur – man denke an die Entwicklung der ersten Buchstabenschrift in Ugarit – mit ägyptischen, mesopotamischen sowie kretisch-ägäischen Einfluss entfaltete sich: imposante Tempelanlagen, dem kanaanitischen Gott Baal gewidmet, wurden errichtet, befestigte Straßen verbanden die Städte, die Philister beherrschten die Schifffahrt auf dem Mittelmeer und man verarbeitete Kupfer, Bronze und Eisen.
Doch der Reichtum des Landes lockte fremde Mächte. Der Eroberung Palästinas durch die Pharaonen (2800 v. Chr.) folgte die der Hyksos (1710 v.Chr.). Danach konnten die Ägypter das Land abermals zu einer ägyptischen Provinz machen (1550 – 1225 v.Chr.). Auch die Hetitern herrschten dort für einige Zeit (1490 v. Chr.).
Um 1225 v. Chr. gelangten im Zuge der aramäischen Einwanderungswelle (Edomiter, Ammoniter, Moabiter) auch einzelne israelitische Stämme nach Palästina und ließen sich vornehmlich in den dünn besiedelten Gebieten des West- und Ostjordanlandes nieder. Nur sehr allmählich vollzog sich bei ihnen der Übergang von einem Stammesnomadentum zur Sesshaftigkeit. Der städtischen Kultur der Philister und Phönizier waren sie – auch militärisch – weit unterlegen, und so bedurfte es erst einer deutlichen Schwächung der benachbarten Großmächte Ägypten und Assyrien, bis sich die Israeliten hinter einem Führer vereinten und sich für rund 80 Jahre zu einer Macht aufschwingen konnten. Das Königreich Davids (1010 – 970 v.Chr.) und Salomons (970 – 931v.Chr.), ein kompliziertes Gefüge aus abhängigen Vasallenstaaten mit unterschiedlichen, keinesfalls rein israelitischen Einwohnern, zerbracht jedoch schon bald an den Rivalitäten zwischen den israelitischen Stämmen (Nordisraeliten/Israel – Daviden/Juda) und dem Aufbegehren der kanaanitischen Bevölkerung.
Ein Jahrhundert hielten die beiden israelitischen Reiche Juda (Jerusalem) und Israel (Samaria) dem wachsenden Druck der wiedererstarkten Großmächte stand, bis 722 v.Chr. die Assyrer Israel eroberten und die israelitischen Stämme im Völkergemisch des assyrischen Reiches aufgingen. Im Jahr 586 v. Chr. zogen Heere des Neubabylonischen Reiches gegen Juda, der Tempel in Jerusalem wurde zerstört und die Bewohner in die babylonische Gefangenschaft verschleppt.
Wie die Assyrer und Babylonier, so hinterließen auch die Perser, welche 538 v.Chr. das Neubabylonische Reich ablösten, zahlreiche Einflüsse ihrer Zivilisation. Ein buntes Völkergemisch war entstanden, geprägt von unterschiedlichen Kulturen, unter denen das Kanaanitentum vorherrschend war (Sprache und Religion). Mit dem Eroberungszug Alexander des Großen (334 v.Chr.) setzte ein tiefgreifender Wandel ein: der Hellenismus hielt Einzug in Palästina und mit ihm bildete sich allmählich eine internationale Einheitskultur. Auch unter den verbliebenen israelitischen Einwohner Palästinas fand ein Assimilierungsprozess statt. Gegen diesen richtete sich denn auch der Widerstand einiger frommer Thoraanhänger, die sich um Makkabäus scharten und sich gegen die griechischen Herrscher erhoben (Makkabäeraufstände, ca. 150 v.Chr.) Ab dieser Zeit wurden die das Selbstverständnis des Judentums prägenden religiösen Gebote bezüglich Sabbat, Beschneidung, etc. ausformuliert.
Mit dem Untergang des hellenistischen Weltreiches trat eine neue Macht in Erscheinung: Rom. Im Jahr 63 v. Chr. eroberte der römische Feldherr PompeiusPalästina und besetzte Jerusalem. Es folgte ein Jahrhundert der inneren Krisen, in dem sich die Bevölkerung wiederholt gegen die römische Herrschaft auflehnte, und es sowohl innerhalb der jüdischen Einwohner Palästinas in der Frage des “wahren” Glaubens als auch zwischen Juden und Nichtjuden in gemischten Siedlungsgebieten zu heftigen, oft gewalttätigen Auseinandersetzungen kam.
In dieser ereignisreichen Zeit begann der Stifter der zweiten großen monotheistischen Religion, Jesus Christus, eine Anzahl von Jüngern um sich zu scharen. Er predigt Nächstenliebe, Sündenvergebung und das nahende Reich Gottes. Palästina wurde zur Wiege des Christentums, das schnell neue Anhänger fand und schon bald in Konfrontation mit der römischen Herrschaft geriet. Die Verfolgung der Christen im römischen Reich hielt bis zur Konversion Kaiser Konstantins im Jahre 311 an. Nun wurde der christliche Glaube zur allein berechtigten Religion im Reich. Auch Jerusalem, unter den Römern Aelia Capitolina genannt, wurde zu einer christlichen Stadt. Der Bau der Grabeskirche und der Geburtskirche in Bethlehem gehen auf Erlasse Konstantins zurück. Um das Jahr 325 ist Palästina fast vollständig christianisiert. Nur eine kleine Minderheit jüdischen und samaritanischen Glaubens lebte in Galiläa, das geistige Zentrum des Judentums hatte sich nach Babylon verschoben, auch in Ägypten – insbesondere Alexandria -, Kleinasien und den vielen Handels- und Hafenstädten des römischen Reiches fanden sich große jüdische Gemeinden.